Mindestlohngesetz – Bürokratie ohne Ende?
> Februar 2015

Seit dem 01.01.2015 gilt das Mindestlohngesetz (MiLoG). Was anfangs noch als Mindestsicherung gerade bei prekären Beschäftigungsverhältnissen galt, „entpuppt“ sich als Bürokratiemonster. Seit dem 01.01.2015 verpflichtet das MiLoG die Arbeitgeber mindestens ein Arbeitsentgelt in Höhe von € 8,50 brutto pro Stunde zu zahlen. Das Hauptargument für die Einführung des Mindestlohnes ist die Verbesserung der Einkommenssituation im Niedriglohnsegment und obwohl die Wirkung von Mindestlöhnen auf das Beschäftigungsniveau umstritten ist, wird die Einführung vom überwiegenden Teil der Bevölkerung als sozial gerecht angesehen (vgl. Roland Bieräugel, Oliver Nüchter, Alfons Schmid in WSI Mitteilungen, Forschung Aktuell 1/2010, S. 50 ff.).

Die Auswirkungen für die Arbeitgeber sind jedoch weitaus umfangreicher, als lediglich darauf achten zu müssen, dass ein Mindestlohn von € 8,50 brutto pro Stunde gezahlt wird. Bei der Umsetzung des MiLoG und der damit verbundenen Verordnungen sind umfangreiche Dokumentations- und Haftungspflichten entstanden. Diese gelten nicht nur für Arbeitgeber innerhalb der Bundesrepublik Deutschland sondern auch ausländische Arbeitgeber, wie z.B. Transportunternehmer, deren ausländische Arbeitnehmer sich nur kurz in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten oder gar nur durch die Bundesrepublik Deutschland hindurchfahren.

Auf folgende Aspekte sollten Sie im Hinblick auf das MiLoG achten:

1. Mindestlohn und die Berechnung

Nach dem MiLoG hat jeder volljährige Arbeitnehmer einen nicht abänderbaren Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns. Dieser gesetzliche Mindestlohn beträgt ab dem 01.01.2015 € 8,50 brutto pro Stunde. Besonders problematisch ist dabei die Berechnung dieses Mindestlohnes je Arbeitsstunde, da es eine Vielzahl unterschiedlicher Vergütungsmodelle gibt.

Soweit eine feste Vergütung monatlich bei einer fest vereinbarten wöchentlich bzw. monatlich zu erbringenden Arbeitszeit gezahlt wird, lässt sich der Stundensatz leicht errechnen. Bei einer Vereinbarung nach reinen Stundensätzen wird die Einhaltung des Mindestlohnes ebenfalls keine Probleme bereiten.

Schwierig wird es allerdings dann, wenn die Vertragsparteien eine gemischte Vergütung vereinbart haben, die aus einer festen Vergütung und einem variablen Anteil besteht. Das maßgebende Krite-rium bei der Berücksichtigung variabler Vergütungsanteile ist der ebenfalls im MiLoG geregelte monatliche Fälligkeitszeitpunkt des Mindestlohnes. Für die Berechnung des Mindestlohnes unberücksichtigte Vergütungsbestandteile sind daher all diejenigen Vergütungen, die zum einen nicht einer monatlichen Fälligkeit unterliegen oder zum anderen nur unter Vorbehalt einer späteren Verrechnung oder eines Widerrufs gezahlt werden.

Vierteljährliche oder halbjährliche Provisionszahlungen können bei der Berechnung des monatlich zu zahlenden Mindestlohnes daher nicht berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Provisionen, die zwar monatlich gezahlt werden, die Vertragsgestaltung aber eine Verrechnung in späteren Monaten zulassen. Nicht berücksichtigt werden können ebenso Trinkgelder oder Spesen und Reisekostenvergütungen. Hier müssen Verträge schnellstmöglich umgestellt werden.

2. Dokumentationspflichten

Eine der Kontrolle der Einhaltung des MiLoG geschuldeten Auswüchse ist die sogenannte Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung. Nach § 17 Abs. 1 des MiLoG müssen Arbeitgeber aus den Branchen nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz umfangreiche Dokumentationspflichten erfüllen. Bei diesen Branchen handelt es sich unter anderem um

+ das Baugewerbe,

+ das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe,

+ das Personenbeförderungsgewerbe,

+ das Speditions-, Transport- und damit verbundene Logistikgewerbe und

+ das Gebäudereinigungsgewerbe.

In all diesen Branchen ist der Beginn, das Ende und die Dauer der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer pro Woche aufzuzeichnen und mindestens zwei Jahre lang aufzubewahren. Einzige Ausnahme für diese umfangreichen Dokumentationspflichten sind Arbeitsverträge mit Arbeitnehmern, die mehr als € 2.958,00 brutto monatlich verdienen.

Dabei gelten der Mindestlohn und auch die Mindestlohndokumentationspflichten nicht nur für deutsche Arbeitnehmer, sondern auch für ausländische Arbeitnehmer, soweit letztere in Deutschland beschäftigt sind. Beschäftigt bedeutet nach der bisherigen Auslegung des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit jedwede Art von Tätigkeit, die im Zusammenhang mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung steht. Dies bedeutet auch in Deutschland nur vorübergehend eingesetzte ausländische Arbeitnehmer haben Anspruch auf den Mindestlohn, selbst wenn auf diese Arbeitnehmer kein deutsches Arbeitsrecht Anwendung findet.

Dies gilt auch für das Speditions- und Transportgewerbe, soweit die Transportfahrten in Deutschland beginnen oder enden. Nach bisheriger Lesart des Bundesministeriums für Arbeit war auch der Transitverkehr durch Deutschland dem MiLoG unterworfen. Hier hat die Bundesregierung der massiven Kritik aus dem Ausland aber Rechnung getragen. Die Anwendung des MiLoG für ausländische LKW-Fahrer im reinen Transitverkehr ist zunächst ausgesetzt. Dies gilt auch für die Dokumentationspflichten.

3. Durchgriffshaftung bei Werk- und Dienstverträgen und bei der Arbeitnehmerüberlassung

Nach § 13 des MiLoG wird eine Haftung entsprechend § 14 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AentG) auch für den Mindestlohn nach dem MiLoG statuiert. Danach haften Unternehmer, die einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen beauftragen, für die Einhaltung des MiLoG bei dem Unternehmen, welches die Werk- oder Dienstleistung ausführt. Entsprechendes gilt für das Verhältnis zwischen Verleiher und Entleiher nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

In solchen Rechtsverhältnissen ist also besonders darauf zu achten, dass der Auftraggeber sicherstellt, dass der Auftragnehmer seinen Mitarbeitern den gesetzlichen Mindestlohn von € 8,50 brutto pro Stunde zahlt. Inwieweit sich der Auftraggeber durch einseitige Bestätigungserklärung des Auftragnehmers, jener halte die Regelungen des MiLoG ein, entlasten kann, ist umstritten. Nach den gesetzlichen Regelungen haftet der Auftraggeber nur dann nicht, wenn er nachweisen kann, dass er von der Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns bei dem Auftragnehmer keine Kenntnis hatte. Ein solcher Nachweis kann aber nur gelingen, wenn der Auftraggeber besondere Aufmerksamkeit bei der Einhaltung der Mindestlohnanforderungen bei seinem Auftragnehmer an den Tag legt. Hier empfiehlt es sich, bereits bei der Wahl des Vertragspartners eine sorgfältige Auswahl vorzunehmen und insbesondere bei Auftragnehmern mit einem geringen Leumund vertraglich Kontroll- und Überprüfungsrechten des Auftraggebers bei dem Auftragnehmer zu vereinbaren.

4. Zusammenfassung

Die vorgenannten Ausführungen lassen erkennen, dass es mit der schlichten Zahlung des Mindestlohnes von € 8,50 brutto pro Stunde für die eigenen Arbeitnehmer nicht getan ist. Das MiLoG geht über die eigentliche Regelung der Einführung eines Mindestlohnes weit hinaus, wobei die Konsequenzen sowohl im Bereich der Dokumentations- und Kontrollpflichten als auch in der Haftungsfrage nicht zu unterschätzen sind.